Veröffentlichung der Wohnungsbaukonzepte der Preisträger im Wettbewerb
„Stadtviertel Alter Schlachthof“, Frankfurt am Main

Den sich heutzutage stellenden Problemen durch Lärm, Auto-verkehr und mangelnde Versorgung mit Grün- und Freiflächen wurde mit einem Stadtbaustein begegnet, der eine individuelle Grundrißorganisation für die unterschiedlichsten Anforde-rungen des Wohnens gewährleistet und die durch den Wandel der Zeit bedingten Veränderungen erlaubt. Er ermöglicht das Zusammenführen von Wohnen und Gewerbe zu einer vertikalen Einheit mit ausreichendem Angebot an Versorgung und Dienstleistung in unmittel-barer Umgebung. Dem urbanen Charakter des siebengeschossigen Straßenraumes steht ein fünfgeschossiger, terrassierter Innenhof mit großzügigen Freiflächen gegen-über, der ein Wohnen über dem Gewerbe in einer zweiten Stadtebene ermöglicht.

Die Sockelgeschosse der Blöcke bieten Raum für Gewerbe und Parkierung. Größere zusammenhängende Büroflächen sind in den ersten Obergeschossen untergebracht. In der zweiten Stadtebene stehen terrassierte Wohnzeilen in Nord-Süd-Richtung an beiden Seiten eines begrünten Innenhofes. Unterschiedlich stark dimensionierte „Köpfe“ schließen das Blockinnere räumlich ab.

Leere Geschosspaletten (Lofts) mit punktueller Erschließung und ein doppelter Fußboden zur freien Führung von Installationsleitungen ermöglichen eine Vielfalt an unter-schiedlichen Grundrissen. Jede Wohnung kann, ähnlich einem Eigenheim, individuell ausgebaut und verändert werden.

Wohngrundriss und privater Außenraum
Seite 172 … Mit einer Diplomarbeit von Günther Tschiesche, die 1988/89 an der Universität Stuttgart entsteht, wird die Anwendbarkeit terrassierten Wohnens auch auf gemischt genutzte Blockstrukturen untersucht. Über einem ein- oder mehrgeschossigen Sockel aus straßenseitigen Dienstleistungs-einrichtungen und dahinter angeordneten Garagenebenen entwickelt sich eine zweite Stadtebene für das Wohnen aus nach innen terrassierten Gebäudequerschnitten, deren senkrechte Rückfronten jedoch konventionelle Straßenräume ergeben.

Ferien zu Hause – Dresdner Architekturbüro holt südliches Flair ins Eigenheim

Günther Tschiesche beschäftigt sich mit dem Geschossbau im gehobenen Stil. „Das sind gewissermaßen Etagenwohnungen mit Einfamilienhauscharakter.“ Auf diesen Gebiet gebe es eine beträchtliche Nachfrage in Sachsen, so der freie Architekt. Die historischen Appartements in großbürgerlichem Stil hat aber weitestgehend der Zweite Weltkrieg zerbombt. Und erst vor knapp 15 Jahren hat die Entwicklung auf dem Sektor der Eigentumswohnungen hier zu Lande erst eingesetzt.
„Es besteht ein ungeheurer Nachholbedarf“, sagt der 44-Jährige. Und mittlerweile sind die Ansprüche gestiegen. Eine zunehmende Stadtflucht ist die Folge. Hier kommt den Behörden eine enorme Verantwortung zu. „Gerade was die Bebauungspläne anbelangt. Denn diese legen die künftige Stadtentwicklung fest.“ Die Kommunen müssten dafür sorgen, dass ihre Bewohner nicht in großer Zahl aufs Land ziehen. Darüber hinaus bestehe bei den meisten Leuten sowieso der Wunsch, die Vorteile des Stadtlebens auszuschöpfen.

Adäquate Rahmenbedingungen
Günther Tschiesche konstruierte mit dem Team seines Architekturbüros eine Wohneigentumsvariante, die diesen Wünschen gerecht werden soll. Die Entwürfe bedürfen aber eines entsprechenden Umfeldes. „Da es sich um relativ große Baukörper handelt, ist eine Umsetzung nicht ohne Weiteres möglich. Dazu sind geeignete städtebauliche Rahmenbedingungen vonnöten.“

So bot sich eine als Wohngebiet ausgewiesene Brache in Dresden-Striesen nahezu an. Überdies erlaubt Fläche unweit des Zentrums den Bau eines geräumigen Hauses. Ideale Voraussetzungen für die Pläne der Architekten.

Frankreich stand Pate
Der Baubeginn des ersten Hauses ist für März/April 2005 vorgesehen. Zum Ende kommenden Jahres rechnet Tschiesche mit der Fertigstellung. Zehn Familien können dann ihr neues Zuhause beziehen. Das Besondere daran sind in die Appartements integrierte so genannte Patios. So wird im Allgemeinen der Innenhof eines spanischen Hauses bezeichnet. Im Dresdner Konzept handelt es sich um einen großzügig gestalteten offenen Wohnbereich, der auch als Eingang fungiert. „Die Idee dazu kam mir in Südfrankreich. Dort gelangt man meist über eine weiträumige Veranda ins Innere des Hauses“, erklärt Günther Tschiesche.

Patio ist das Herz
Der von ihm konzipierte Patio gleicht einem Vorgarten von 20 Quadratmetern Fläche. Der Untergrund sieht auch originelle Fußboden-Materialien wie Rollrasen und Sand vor. Natürlich ist eine herkömmliche Fliesung ebenso möglich. Hier können Kinder in der warmen Jahreszeit im Sandkasten spielen oder im Planschbecken baden. Eine Hollywoodschaukel findet darauf genauso Platz wie eine kleine Minigolf-Anlage. Eine weitere Option ist der Einbau eines für romantische Stimmung sorgenden Kamins, an den man Freunde zum Grillen einlädt.
Das Atrium stellt im Grunde das Herz des Domizils dar. In den kalten Monaten lässt es sich durch eine moderne Schiebeverglasung bequem in einen Wintergarten, den die flach stehende Sonne kostenlos erwärmt, verwandeln. Die Fläche ist somit das ganze Jahr über voll nutzbar, fließt aber in die Berechnung nur zur Hälfte ein.
Wohnraum, Esszimmer und Küche schließen sich unmittelbar an und sind durch einfache Glaswände abgetrennt. „Durch die Scheiben ergibt sich eine Vernetzung von innen und außen“, so der Architekt. Der Schlafraum, die Kinderzimmer und das Bad liegen im hinteren, ruhigeren Teil des Appartements. „Dass sich der mehr oder weniger öffentliche Komplex im Vordergrund und der sensiblere im Hintergrund erstreckt, entspricht dem Wohngefühl in südlichen Gefilden.“

Individuelle Raumaufteilung
Im Erdgeschoss befinden sich vier Maisonette-Wohnungen. Sie verfügen über einen eigenen kleinen Vorgarten mit Pavillon. Und ein 25 Quadratmeter großer Hobbyraum im Untergeschoss gehört dazu. In den drei darüber liegenden Stockwerken sind sechs Domizile mit Atrium untergebracht. Sie weisen eine Wohnfläche von jeweils 113, im Dachgeschoss 87 Quadratmetern auf. Außerdem hat das Gebäude eine Tiefgarage und einen Lift. Die räumliche Aufteilung bleibt dabei weitestgehend dem Besitzer überlassen. „Jeder soll sich, soweit es bautechnisch realisierbar bleibt, seine Wohnung selber gestalten können“, betont Günther Tschiesche.

Mediterranes Lebensgefühl
„Dieses Projekt ist ein Schritt zu neuen Wohnstilen beziehungsweise -formen in unserer Gegend.“ Jeder, der schon einmal in einem Ferienhaus in Südeuropa war, hat das dort herrschende mediterrane Lebensgefühl kennen gelernt. Und das werde nach Ansicht des Architekten weniger durch die Erker und Türmchen, sondern vielmehr durch die Bewohnbarkeit von Innen- und Außenräumen vermittelt. „Die beträchtliche Terrasse vor dem Gebäude macht das Haus erst zum Haus.“ Was Tschiesche hier nachempfunden hat, sei beinahe wie Wohnen im Eigenheim.

Conny Fiedler

Wohnen wie im Eigenheim aber mitten in der Stadt
– ist das möglich?

Wer träumt nicht von einem Traumhaus – ganz nach den eigenen Wünschen geplant -, mit einem schönen Garten drum herum – nicht zu groß – einer großen Terrasse für den Feierabend und zum Feiern mit Freunden. Die Kinder haben Platz zum Spielen und Freunde in der Nachbarschaft, im Keller eine Werkbank oder einen Hobbyraum, – das Alles am liebsten mitten in der Stadt.

Sicherlich gibt es die eine oder andere Baulücke in der Stadt, auf der das Bauamt ein Einfamilienhaus oder ein Doppelhaus zulässt.
Aber so mitten unter den großen Nachbar-häusern – fühlt man sich da wirklich wohl?

Die Wohnung: (k)eine Alternative?
Meistens gefallen einem die Grundrisse nicht, sind teilweise unpraktisch. Jeder Wunsch beim Bau wird teuer oder lässt sich erst gar nicht realisieren.
Am schlimmsten, der Garten und die Terrasse fehlen. Man quetscht sich am Feierabend mit der ganzen Familie auf einen schmalen – manchmal nur 1.50 m tiefen Balkon. Dann doch lieber aufs Land und die Fahrtstrecke in Kauf nehmen?

Ja früher, die schönen Stadthäuser von 1900 in Striesen und Blasewitz mit großen Wohnungen, Stuck an der Decke, Parkett, 2-flügeligen Türen, Wohnküche und großen, hellen und hohen Räumen, das hat Flair. Aber die sind meistens so groß, dass man es sich nicht leisten kann, die Heizkosten, ungedämmte Außenwände. Man hört die Nachbarn unter, über oder neben sich. Und wer weiß wie lang das Haus – das ja schon hundert Jahre alt ist – noch hält und welche Kosten im Laufe der nächsten Jahre zur Unterhaltung auf einen zukommen.

Hat sich seit damals nichts getan?
In allen Bereichen fanden seit 1900 Revolutionen statt: Telefon, Auto, Flugzeug, Weltraumfahrt etc. Nur in dem Bereich, der den Menschen die unmittelbare Lebensqualität schenkt – im Wohnungsbau – nicht?

Was ist passiert, bzw. warum ist nichts mehr passiert?
Tatsächlich ist die Geschichte des Wohnungsbaues geprägt von enormen gesellschaftlichen Aufgaben wie Wohnungsnot, Zerstörung und Wiederaufbau. Große Aufgaben, die viele Architekten und Planer nur mit „Systemlösungen“ in den Griff bekamen. Beispiele sind die Bauhaussiedlungen der 20iger und 30iger Jahre nach dem 1. Weltkrieg.

Nach dem 2. Weltkrieg die Siedlungen der 50iger und 70iger Jahre.
Dieser Wohnungsbau, der die Hauptaufgabe im Errichten von Wohnraum darstellt – es galt ja möglichst vielen Menschen in möglichst kurzer Zeit ein Zuhause zu geben – ist geprägt von Standards, die wegen allgemeiner Geldknappheit in der jeweiligen Zeit als die untersten annehmbaren Lösungen für die Menschen angesehen wurden. Und es waren fast immer Lösungen für den Mietwohnungsbau. Die Menschen, die sich eine schöne Eigentumswohnung in der Stadt wünschten blieben meist unberücksichtigt und wurden mit den Standards der Mietwohnungen konfrontiert.

Größer kann der Abstand zum Traumhaus kaum sein.
Eine besondere Verantwortung kommt den Stadtplanern auf den Ämtern zu. Sie legen in Bebauungsplänen schon heute fest, wie die Architekten in den nächsten 50 Jahren zu bauen haben. In vielen Köpfen spukt immer noch die Vorstellungen von den klaren Standards der 20iger, 30iger, 50iger und 70iger Jahre, die aber der Individualität des Einzeln wenig Raum geben. Besonders beliebt ist die Vorstellung, dass Balkone maximal 1,50 m ausladen dürfen, um das Stadtbild zu wahren. Oder, dass die Grundfläche des Baukörpers vorwiegend aus städtebaulicher Sicht und nicht nach den Bedürfnissen der späteren Bewohner festzulegen ist. Bleibt also nur die Flucht aufs Land wo das Leben noch behördlich zugelassen wird?
Nein, denn es gibt eine immer größer werdende Anzahl von Architekten, Planern und Bauträgern, die dieses Defizit erkannt haben und die Ideen des Eigenheimes in die Eigentumswohnung hineintragen.
Diese Idee ist nicht neu. Der Umsetzung wurde nur bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Manche haben bereits ihre Ideen vom Wohnen in der Stadt verwirklicht. Junge erfolgreiche Singles wohnen in Eigentum-Lofts mitten im Herzen einer Großstadt, weil das schick ist!
In Paris, London und New York wohnen Familien seit Generationen in ihren Eigentum-Appartements am Central Park, an der Seine oder Themse, immer in den schönsten Stadtlagen.
Und wer hat nicht schon von einer hellen Penthousewohnung mit Blick auf die Elbe geträumt? In Deutschland wurde dieser Lebensstil im 2. Weltkrieg buchstäblich weggebombt und durch den Mietwohnungsbau ersetzt.

Aber wie könnte das neue Eigenheim in einer Stadtwohnung aussehen?
Jeder hat seine eigene Wunschliste.
Die junge Familie mit kleinem Kind, das ältere Ehepaar mit erwachsenen Kindern, das Rentnerehepaar mit kleinen Enkeln etc. Wie sieht das „Sich-etwas Wünschen“ bei einer Eigentumswohnung aus?
Gehen wir einmal von einer Familie mit 2 Kindern aus. Dazu muss man die unterschiedlichen Bereiche seines Traumhauses betrachten. Als erstes möchte man am Grundriss mit ent-scheiden: die Anzahl der Zimmer, die Größe des Wohn-zimmers, des Essplatzes, der Terrasse, der Kinderzimmer, des Schlafzimmers, des Bades – und meistens bestimmt der Geldbeutel die Größe. Als zweites möchte mand die Hauptstruktur sinnvoll festlegen. Wohnen, Essplatz, Küche Eingang und Terrasse (Balkon) bilden das Zentrum des Familienlebens. Deshalb gehören diese Räume zusammen. Schlafzimmer, Bad, Ankleide- und Kinderzimmer sind Rückzugs-orte und sollen abgeschirmt werden, zum Beispiel im Obergeschoss oder in einem anderen Teil der Wohnung. Ein Beispiel für das Wohnen mit Traumhauscharakter ist das neue Projekt in der Mansfelder Straße in Striesen. Es zeigt, dass der Umsetzung von neuen Lebens- und Wohnvorstellungen Wege offen stehen.

Wohnung mir Vorgarten
Das besondere ist, dass diese Wohnung ein Patio besitzt. Ein Patio ist ein offener Wohnbereich wie ein Atrium. In diesem Projekt betritt man die Wohnung über das Patio, das einem Vorgarten gleich kommt, in dem die Kinder spielen (Sandkasten auf Wunsch inklusive), die Hollywoodschaukel oder ein offener Kamin zum Grillen mit Freunden steht.

Dieses Patio ist das Herz der Wohnung und kann in der kalten Jahreszeit mit einer Schiebeverglasung in einen Wintergarten, der durch die flache Wintersonne erwärmt wird, verwandelt und somit das ganze Jahr über genutzt werden.
Wohnraum, Essplatz und Küche schließen sich unmittelbar an. Der Schlafraum, die Kinderzimmer und das Bad liegen im hinteren und somit ruhigeren Teil der Wohnung. Dieses Projekt ist ein Schritt in die Richtung zu neuen Wohn- und Lebensstilen (-formen). Jeder war schon einmal in einem Ferienhaus in Spanien und kennt das gute Wohngefühl. Das Gefühl kommt aber weniger duch die Erker und Türmchen dieser Häuser, sondern durch die Bewohnbarkeit von Innen- und Außenräumen. Die große Terrasse vor dem Haus macht das Haus zum Haus. In der Mansfelder Straße ist es das Patio, das die Wohnung schon fast zu einem Haus werden lässt und damit dem Traum vom Traumhaus näher kommt. (Das ist doch schon fast wie Wohnen im „Eigenheim“)

Dipl.-Ing. Günther Tschiesche